Vom Spieltisch in die Bundesliga

HSG Blomberg-Lippe: Das Handball-Internat hat international erfolgreiche Sportlerinnen hervorgebracht. Aktuell organisieren dort 13 Nachwuchstalente ihren Alltag Blomberg. In der offenen Küche einer hellen Drei-Zimmer-Wohnung schnippeln Flora und Vivien fleißig Gemüse für die Tomatensoße, der Topf mit den Nudeln dampft bereits auf dem Herd. Die beiden wohnen mit zehn weiteren jungen Handballspielerinnen der HSG Blomberg im vereinseigenen Internat. Die Mädchen im Alter von 15 bis 18 Jahren organisieren sich komplett eigenständig: Neben dem nicht immer einfachen Alltag eines Teenagers mit Schule und Freunden stehen bei ihnen zusätzlich noch sieben Trainingseinheiten pro Woche als Vorbereitung für die Mannschaftsspiele am Wochenende auf dem Programm. Oft komme da natürlich die Frage auf, wie die Jugendlichen dieses Pensum überhaupt leisten können. „Eigentlich ist es Gewohnheitssache. Für uns gehört das Training zum Tag dazu“, findet Vivien. Für diese Einstellung und das überdurchschnittliche Know-how in Sachen Wäsche, Einkauf & Co. ernteten sie in erster Linie Respekt oder Bewunderung, erzählen die jungen Handballerinnen. Missgunst oder Vorurteilen bezüglich des Leistungssports oder des Internatslebens sei keine von ihnen je ernsthaft begegnet, stimmen sie überein. Internatsleiterin Anne Hölscher sieht die gelungene Kooperation zwischen den einzelnen Institutionen als entscheidenden Erfolgsfaktor: „Das Internatsleben ermöglicht, das Beste herauszuholen aus der sportlichen als auch der schulischen Karriere der Mädchen“, betont die „Chefin“ im Haus. Die Wege seien kurz, Anfahrten zur Sporthalle fielen weg. Außerdem arbeite das Hermann-Vöchting-Gymnasium als Partnerschule eng mit der HSG zusammen, so dass die Mädchen jederzeit Unterstützung bekommen können. „Es gibt eine regelmäßige Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfeangebote. Diese Kooperation führt dazu, dass die Schule durch den Leistungssport nicht in den Hintergrund rückt. Schließlich steht der Abschluss des Abiturs nach wie vor an erster Stelle“, macht die Internatsleiterin deutlich. Als die restlichen Internatsmädels gut gelaunt eintrudeln, liegt schon ein normaler Schultag plus obligatorischem Mannschaftstraining hinter ihnen. Aber anders als für die meisten ihrer Altersgenossen zählt zu ihren täglichen Pflichten mehr, als nur die eigenen Schuhe vom Flur zu räumen und die Brotdose in die Spülmaschine zu stellen. So beurteilen die Mädels im einfallenden Abendlicht das Ergebnis der heutigen Fensterreinigung. „Vermutlich machen sich die wenigsten 15-Jährigen Gedanken über saubere Fenster“, sagt die Internatsleiterin und lacht. Das werde oft vergessen, wenn Außenstehende sich das Leben im Sportinternat vorstellen. „Ich finde es gut, dass wir hier viel Eigenverantwortung tragen“, betont Munia Smits, deren große Schwester Xenia früher ebenfalls für die HSG spielte. „Wir halten uns an die Regeln, weil sie in unserem Sinne aufgestellt sind.“ Ob sie etwas vermissen? „Mir fehlen diese tollen von Mama gemachten Brote, die manche in die Schule mitbekommen“, schwärmt Vivien und die anderen lachen. „Mir wäre das Leben der anderen viel zu öde,“ findet Emma. „Nur rumchillen, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.“ Munia muss noch weiter, sie trainiert acht- bis zehnjährige Nachwuchshandballer. Bei denen ist sie schon jetzt ein Star. Im kommenden Jahr dürfte sich ihre Fanbase aber noch deutlich erweitern, denn dann geht es für sie und Kollegin Nele Franz in die erste Mannschaft. „Unser Konzept geht auf, immer wieder Mädchen aus den eigenen Reihen für die Bundesliga gewinnen können“, so Hölscher. Von Alina Hetland Das Internat beherbergt aktuell zwölf Mädchen aus ganz Deutschland sowie aus Belgien, die in Zweier- und Dreier-WGs zusammenleben, nur einige hundert Meter vom Schulzentrum und der Bundesliga-Heimspielstätte an der Ulmenallee entfernt. Jede Spielerin hat ein eigenes Zimmer. Das Internat gilt als wichtiger Grundstock des sportlichen Erfolges der HSG. 2017 erhielt der Verein für die Jugendarbeit im Nachwuchsleistungssport das „Grüne Band“ des Deutschen Olympischen Sportbundes. (wat) Quelle: Lippische Landes-Zeitung
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